Rückgruppierung

1. Allgemein

In der Vergangenheit wurden die Eingruppierungen vieler Stelleninhaber fehlerhaft durchgeführt. Gründe dafür waren sowohl fehlende Kenntnisse des Eingruppierungsrechts als auch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer nur mit einer überhöhten Eingruppierung bereit war, die Stelle anzutreten.

Nunmehr stellt sich im öffentlichen Dienst angesichts knapper Haushaltsmittel bzw. der stärkeren Kontrolle des Bundesrechnungshofes bzw. der Landesrechnungshöfe die Notwendigkeit zur Überprüfung vieler Eingruppierungen, mit dem Ergebnis von teilweise fehlerhaften Eingruppierungen. Dann stellt sich für den öffentlichen bzw. kirchlichen Arbeitgeber die Frage des weiteren Vorgehens bzw. der Durchführung einer korrigierenden Herabgruppierung.

Hinweis:

Im BAT/BAT-O wird der Begriff "Herabgruppierung" verwendet, in den Personalvertretungsgesetzen hingegen der Ausdruck "Rückgruppierung". Beide Ausdrücke bezeichnen denselben Sachverhalt. Im Folgenden ist der Begriff "Rückgruppierung" gewählt worden, da dieser in der Praxis gebräuchiger ist.

Besonders häufig ist die Rückgruppierung auch dort, wo die Eingruppierung an variable Merkmale anknüpft. So kann sie stattfinden, wenn die Zahl der Mitarbeiter schrumpft, die Eingruppierung des Vorgesetzten aber an die Zahl der unterstellten Mitarbeiter anknüpft (BAG 07.11.2001 - 4 AZR 724/00).

Die Prüfung der Voraussetzungen einer Rückgruppierung ist in zwei Schritten durchzuführen:

1. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer einen einzelvertraglichen Anspruch auf die fehlerhafte Vergütungsgruppe hat oder sich seine Eingruppierung nach den allgemeinen Grundsätzen der Tarifautomatik richtet.

2. Es sind die allgemeinen Voraussetzungen der Rückgruppierung zu prüfen.

2. Einzelvertraglicher Anspruch auf die Vergütungsgruppe oder Tarifautomatik

Vorab ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die fehlerhafte Vergütungsgruppe hat. Zwar kann auch in diesen Fällen eine Rückgruppierung durchgeführt werden, diese erfordert dann aber den Ausspruch einer Änderungskündigung, d.h. der Kündigung des bisherigen Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber, gleichzeitig verbunden mit dem Angebot eines neuen Arbeitsvertrages zu geänderten Arbeitsbedingungen. Die Durchführung dieser scheitert in vielen Fällen an der dann oftmals bestehenden Unkündbarkeit des Angestellten.

Hinweis:

Der einzelvertragliche Anspruch ist im Eingruppierungsrecht die Ausnahme und muss durch besondere Umstände bewiesen werden. Grundsätzlich richtet sich die Eingruppierung des Stelleninhabers auf Grund der Tarifautomatik nach der jeweils zutreffenden Vergütungsgruppe.

Ein einzelvertraglicher Anspruch des Arbeitnehmers kann u.a. wie folgt begründet werden:

-         Die arbeitsvertragliche Formulierung ergibt, dass die Vertragsparteien abweichend von der üblichen Formulierung (Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe XY eingruppiert) eine bestimmte Vergütungsgruppe vereinbaren wollten. Ein Indiz kann auch die Angabe der konkreten Fallgruppe sein.

-         Der Arbeitnehmer war ursprünglich korrekt eingruppiert, die fehlerhafte Eingruppierung ist entstanden, weil sich die Eingruppierungsvoraussetzungen zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert haben.

-         Die auf Dauer übertragene Tätigkeit erfüllt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe.

Ein einzelvertraglicher Anspruch auf die fehlerhafte Vergütungsgruppe wird auch bei Vorliegen der folgenden Gegebenheiten nicht begründet:

-         Die fehlerhafte Vergütungsgruppe wurde durch den Arbeitgeber schriftlich bestätigt wurde.

-         Die Vergütungsgruppe wird konkret im Arbeitsvertrag bezeichnet.

Eine Rückgruppierung ohne einzelvertraglichen Anspruch auf die fehlerhafte Vergütungsgruppe erfordert grundsätzlich nicht den Ausspruch einer Änderungskündigung. Dies wurde ausdrücklich vom Bundesarbeitsgericht in dem Urteil BAG 23.08.1995 - 4 AZR 352/94 festgestellt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Rückgruppierung durch ein einfaches Schreiben mitteilen.

3. Prüfung der Rückgruppierung

Steht fest, dass der Arbeitnehmer zu hoch eingruppiert ist und eine Rückgruppierung grundsätzlich durchgeführt werden kann, muss geprüft werden, ob die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Voraussetzungen der Durchführung der Rückgruppierung vorliegen

Diese sind:

- Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer nicht bewusst zu hoch eingruppiert.

- Die Tätigkeit des Arbeitnehmers hat sich seit der Eingruppierung nicht geändert.

- Der Arbeitnehmer wird nicht länger als ca. 8 -10 Jahre nach der fehlerhaften Vergütungsgruppe vergütet.

- Die Rückgruppierung würde nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Dies wäre dann der Fall, wenn der Arbeitgeber einen Vertrauenstatbestand geschaffen hätte (z.B. Vergütungsgruppe mehrfach als korrekt bestätigt etc.)

- Die fehlerhafte Eingruppierung beruhte auf

- einem Rechtsirrtum des Arbeitgebers (z.B. wurden die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale verkannt) oder

- einer nur sehr oberflächlich durchgeführten Eingruppierung oder

- einem Tatsachenirrtum des Arbeitgebers (z.B. notwendige Qualifikationen des Arbeitnehmers lagen nicht vor).

Der Arbeitgeber muss im Eingruppierungsprozess darlegen und beweisen, wie es zu der fehlerhaften Eingruppierung kam. Dabei reicht es aus, wenn er beweist, dass bei der ursprünglichen Eingruppierung z.B.

-         eine tarifliche Voraussetzung der damals mitgeteilten Vergütungsgruppe objektiv nicht gegeben war ( BAG 17.05.2000 - 4 AZR 232/99),
-         ein Qualifizierungsmerkmal als erfüllt angesehen wurde, dass es in der betreffenden Fallgruppe nicht gibt ( BAG 18.02.1998 - 4 AZR 581/96)
-         ein höchstrichterliches Urteil unrichtig gewertet wurde ( LAG Köln 21.10.1998 - 2 Sa 819/98 )

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Ralf.Beratung und Moderation