Selbstständige Leistungen

(„Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen)".

Selbstständige Leistungen fordern eine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, wie insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eigene Entschließung erfordert; eine leitende Tätigkeit oder die Unterschriftsbefugnis ist nicht erforderlich (vgl. BAG Urteil v. 09.10.57 - 4 AZR 96/55
AP Nr. 9 zu § 1 TOA).

Wie sich die Angestellten die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse angeeignet haben, ist unerheblich, sofern nicht ein bestimmter Ausbildungsgang zu den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen gehört. Die Benutzung von Formularen sagt nichts darüber aus, welche geistigen Leistungen das verlangte Arbeitsergebnis erfordert, da sie in erster Linie der technischen Erleichterung der Arbeit dienen (vgl. BAG Urteil v. 02.03.60 - 4 AZR 14/58 AP Nr. 60 zu § 3 TOA). Die Verwendung von Formularen schließt die Annahme selbstständiger Leistungen im tariflichen Sinne nicht aus (BAG Urteil vom 25.11.81 - 4 AZR 305/79 AP Nr. 51 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieser Aspekt bekommt eine höchst aktuelle Bedeutung, wenn die Feststellung analog auf die Verwendung vorgegebener Computerprogramme als standardisierte oder spezielle Software übertragen wird. Dies gilt um so mehr, wenn die eine Tätigkeit unterstützende Software in der Anwendung wie ein mehr oder weniger umfangreiches elektronisches Formular erscheint.
Schlechtleistungen, gemessen an den mit der übertragenen Tätigkeit gestellten Anforderungen, können noch nicht dazu führen, die der übertragenen Tätigkeit entsprechende Vergütungsgruppe zu versagen (vgl. BAG Urteil v. 02.03.60 - 4 AZR 14/58 AP Nr. 60 zu § 3 TOA).

Eine selbstständige Tätigkeit erfordert eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung der geschuldeten Leistung einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereiches (vgl. BAG Urteil vom 19.04.78 - 4 AZR 721/76 -, AP Nr. 6 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Selbstständige Leistungen verlangen ein selbstständiges Erarbeiten der Ergebnisse unter Entwicklung eigener geistiger Initiative. Kennzeichen dafür können - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein bestehender Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum sein (vgl. BAG Urteil v. 14.08.85 - 4 AZR 21/84 -, AP Nr. 109 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Der Umfang der selbstständigen Leistungen ist Tätigkeitsmerkmal und muss deshalb nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT innerhalb des Arbeitsvorganges liegen. Tätigkeiten mit und ohne selbstständige Leistungen können nicht zusammengefasst werden (vgl. BAG).

Tarifliche Qualifizierungsmerkmale wie das Erfordernis selbstständiger Leistung liegen dann vor, wenn Arbeitsvorgänge, die den im jeweiligen Tätigkeitsmerkmal geforderten Anteil an der Gesamtarbeitszeit ausmachen, überhaupt in rechts erheblichem Ausmaß die Anforderungen dieser Qualifizierungsmerkmale erfüllen. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass darüber hinaus auch innerhalb jedes Arbeitsvorganges das Qualifizierungsmerkmal diesen Anteil an der Gesamtarbeitszeit erreicht. Schon deshalb nicht, weil die TV-Parteien die Qualifikationsmerkmale eben nicht auf die Arbeitszeit sondern den Arbeitsvorgang bezogen haben. Der unbestimmte Rechtsbegriff des rechtserheblichen Ausmaßes ist in Bezug zum Arbeitsvorgang zu setzen. Von rechtserheblichem Ausmaß ist dann auszugehen, wenn ohne die selbstständigen Leistungen kein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis erzielt würde (vgl. BAG Urteil vom 20.10.93 - 4 AZR 45/93 AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Problematisch erscheint hieran die Beurteilung nach einer sinnvollen Verwertbarkeit, die der Tarifvertrag nicht fordert und in der Praxis im Geltungsbereich des BAT häufig nicht unumstritten sein oder politisch kontrovers gesehen werden dürfte. Letzteres auch, wenn man tarifwidrig nur die Beurteilung des Arbeitgebers zum Maßstab macht, da auch diese in kürzesten Zeiträumen, abhängig von verschiedenen Kriterien wechselt und deshalb auch der angestrebten Rechtssicherheit zuwiderläuft.

 

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Ralf.Beratung und Moderation