Selbstständige Leistungen

Tätigkeitsmerkmal der Anlage 1a zum BAT.

Das Tätigkeitsmerkmal der selbstständigen Leistungen wird mit jeweils verschiedenen Zeitanteilen zur Erfüllung der Anforderungen der Vergütungsgruppen VIb - Vb gefordert. Dabei müssen die selbstständigen Leistungen eines Stelleninhabers zusätzlich entweder zu den

-         gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen oder den
-         gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen

hinzukommen. In den höheren Vergütungsgruppen, (d.h. ab der Vergütungsgruppe IVa) werden sie als selbstverständlich vorausgesetzt und sind nicht mehr gesondert zu prüfen.

Selbstständige Leistungen sind ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung eigener geistiger Initiative.

Eine leichte geistige Anforderung kann diese Anforderung nicht erfüllen. Voraussetzung der Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals ist, dass der Stelleninhaber hinsichtlich des

-         einzuschlagenden Weges,
-         des zu findenden Arbeitsergebnisses

einen eigenen Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum besitzt.

Das setzt allerdings voraus, dass das Aufgabengebiet eine gewisse Eigenständigkeit besitzt (BAG 14.08.1985 - 4 AZR 21/84). Steht das Arbeitsergebnis von vornherein fest, ist also von einer gebundenen Entscheidung auszugehen, liegen keine selbständigen Leistungen vor (BAG 23.02.1983 - 4 AZR 420/79; BAG 14.08.1985 - 4 AZR 21/84).

Vom Angestellten werden Abwägungsprozesse verlangt, es werden Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt. Der Angestellte muss unterschiedliche Informationen verknüpfen, untereinander abwägen und zu einer Entscheidung kommen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Stelleninhaber einen Sachverhalt unter einen unbestimmten Gesetzeswortlaut unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung subsumieren muss.

Abzugrenzen sind selbstständige Leistungen von selbstständigen Arbeiten = allein arbeiten, ohne direkte Aufsicht oder Lenkung durch Weisungen. In der Praxis gehen fast alle Stelleninhaber (fälschlicherweise) davon aus, dass sie das Tätigkeitsmerkmal der selbstständigen Leistungen erfüllen. Dabei verwechseln sie ein selbstständiges Arbeiten im Sinne der eigenständigen Aufgabenerledigung, d.h. ein Arbeiten ohne Einzelanweisungen und Detailkontrolle, mit der tariflichen Bedeutung der selbstständigen Leistungen. Die eigenständige Aufgabenerledigung wird von jedem Arbeitnehmer als selbstverständlich vorausgesetzt und tariflich nicht besonders vergütet.

Ein Indiz für das Vorliegen von selbstständigen Leistungen sind die jeweils mit einer Aufgabe verbundenen Entscheidungsbefugnisse.

Bei folgenden Tätigkeiten sind z.B. selbstständige Leistungen zu erbringen:

Im Rahmen der kaufmännischen Leitung einer Verwaltungseinheit:

Bei der Erstellen der Haushaltspläne für die einzelnen Abteilungen besteht ein Gestaltungsspielraum.

Die Festsetzung einer Budgetgrenze für die einzelnen Abteilungen beinhaltet einen Entscheidungsspielraum.

Die Ermittlung zusätzlicher Einkommensquellen, z.B. durch Erhöhung der Miete/Pacht, erfordert einen Gestaltungsspielraum des Stelleninhabers.

Im Rahmen der Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte:

Bei der Konzeptionsentwicklung zur Weiterentwicklung der Gleichstellung und Frauenförderung im Tätigkeitsbereich der Stelleninhaberin besteht ein eigener Gestaltungsspielraum. Es muss hier - wie auch in den anderen Arbeitsbereichen - ein hohes Maß an Eigeninitiative und innovativem Denken vorliegen, um die Entwicklung der Gleichstellung bei der anzustellenden Behörde fortzuführen.

Im Rahmen der Sachbearbeitung Zivildienst einer kirchlichen Einrichtung:

Bei der Entscheidung über die Um- und Versetzungen der Zivildienstleistenden, z.B. bei Konflikten zwischen der Beschäftigungsstelle oder aus zwingenden dienstlichen Gründen kann der Stelleninhaber bezüglich des "Ob" der Versetzung und der neuen Stelle eine Auswahl treffen.

Im Rahmen der Sachbearbeitung Fortbildungen einer Handwerkskammer:

Bei der Erstellung der Fortbildungsprüfungsordnungen besteht ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Inhalts der Prüfung und der Höhe der Anforderungen.

Obliegt dem Stelleninhaber in einem Sachgebiet die Beratung von Kollegen oder Dritten, so kann darin eine selbstständige Leistung liegen. Voraussetzung ist, dass der Stelleninhaber eigene Überlegungen vornimmt und zwischen mehreren Möglichkeiten abwägen muss. Die bloße Informationsweitergabe erfüllt nicht die Anforderungen an die selbstständigen Leistungen.

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Ralf.Beratung und Moderation