Vorübergehende Tätigkeit

Der erste Grundsatz lautet: Vorübergehende Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit

Nach § 24 BAT kann der zuständige Dienstvorgesetzte dem Angestellten vorübergehend höherwertige Aufgaben übertragen, ohne dass dadurch ein Anspruch auf die der höherwertigen Tätigkeit entsprechende Vergütungsgruppe begründet wird.

Die rechtliche Möglichkeit, eine solche vorübergehende Tätigkeitszuweisung vorzunehmen, ergibt sich aus dem einseitigen Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 315 BGB).

Es handelt sich hierbei um eine Ausnahmeregelung.

In § 24 BAT werden zwei Formen unterschieden:

- Nach § 24 Abs. 1 BAT kann dem Angestellten vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen werden. Dazu ist ein sachlicher Grund erforderlich, der die vorübergehende Übertragung rechtfertigt.
- Nach § 24 Abs. 2 BAT kann dem Angestellten vertretungsweise eine höherwertige Tätigkeit übertragen werden.

Beispiel:

Nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters ist nicht geklärt, ob die Stelle neu besetzt wird. Der Vorgesetzte kann die Aufgaben daher einem anderen Mitarbeiter vorübergehend zuweisen.

Ist jedoch z.B. bereits entschieden, dass die Stelle mit einer Mitarbeiterin nach deren Rückkehr aus der Elternzeit neu besetzt wird, können die Aufgaben nur vertretungsweise übertragen werden.

Der Ausschluss einer Höhergruppierung wird durch den Anspruch auf eine persönliche Zulage nach Maßgabe des § 24 Abs.1 bzw. 2 abgegolten.

Voraussetzungen der Zahlung der Zulage sind:

Bei der vorübergehend übertragenen Tätigkeit:

- Dem Angestellten ist vorübergehend eine Tätigkeit übertragen worden, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe entspricht.
- Der Angestellte hat die Tätigkeit mindestens einen Monat ausgeübt.

Bei der vertretungsweise übertragenen Tätigkeit:

- Dem Angestellten ist vertretungsweise eine Tätigkeit übertragen worden, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe entspricht.
- Die Vertretung hat länger als drei Monate gedauert.

Die "vertretungsweise" Übertragung unterscheidet sich von der vorübergehenden Übertragung dadurch, dass Vertretungen bereits ihrer Natur nach nur vorübergehend sind, weil der Stelleninhaber z. B erkrankt oder beurlaubt ist. Allen Fällen der Vertretung ist insofern gemeinsam, dass über die Neubesetzung der Stelle nicht verfügt werden kann.

Welche zeitliche Grenze für die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zu ziehen ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Umstände des Einzelfalls sind entscheidend.

Die Frage, ob die Übertragung einer Tätigkeit vorübergehend oder auf Dauer erfolgt, bestimmt sich nicht nach der voraussichtlichen Dauer dieser Tätigkeit. Es kommt allein auf den äußerlich erkennbaren Willen des Dienststellenleiters an. Nur vorübergehend sind daher auch Tätigkeiten, die zwar länger als 6 Monate dauern, bei denen aber von vornherein absehbar ist, dass der ursprüngliche Stelleninhaber in sein Amt zurückkehren wird.

2. Missbräuchliche kurzfristige Übertragung von Tätigkeiten?

Das Bundesarbeitsgericht hat früher die Auffassung vertreten, dass die Grenzen dieses Direktionsrechtes bei der kurzfristigen Übertragung von Tätigkeiten der gerichtlichen Überprüfung in vollem Umfang unterliegen.

Insbesondere überprüfte das Bundesarbeitsgericht stets, ob für die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ein seiner Meinung nach hinreichender, sachlicher Grund bestand (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 26.03.1997 - 4 AZR 604/95). War für eine derartige Maßnahme kein, nach Meinung des Gerichts: Ausreichender, sachlicher Grund gegeben, war die Maßnahme bereits rechtswidrig.

Diese Betrachtungsweise hat das BAG nunmehr (BAG 17.04.2002 - 4 AZR174/01) ausdrücklich aufgegeben: Der Arbeitgeber hat bei der Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers an der Höhergruppierung und den Belangen der Dienstsstelle die Entscheidung künftig nur noch nach "billigem Ermessen" zu treffen. Es besteht also ein erheblicher Ermessensspielraum. Die Kontrolle, ob ein Rechtsmissbrauch oder ein wirklicher, sachlicher Grund vorliegt, beschränkt sich demgemäß darauf, zu klären, ob die - nur vorübergehende - Übertragung der Tätigkeit nicht ganz offensichtlich unbillig, also besonders augenfällig rechtsmissbräuchlich erscheint. Die Existenz eines sachlichen Grundes spricht für, das gänzliche Fehlen gegen eine Billigkeit der Ermessensausübung.

Beispiele aus der Rechtsprechung geben bisher folgende Anhaltspunkte:
Die Übertragung für unbestimmte Zeit ist nicht schlechthin unzulässig, sie muss als Ausdruck billigen Ermessens erscheinen. Bei einer "vorübergehenden" Wahrnehmung eines Amtes für einen Zeitraum von mehr als vier Jahren verdichtet sich der Ermessensspielraum jedoch stark in Richtung auf eine dauernde Weiterbesetzung der Stelle mit dem Vertreter.

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Ralf.Beratung und Moderation