Zusammenfassende Betrachtung

Die zusammenfassende Betrachtung ist eine der Grundlagen einer korrekten Stellenbewertung.

Rechtliche Grundlage der zusammenfassenden Betrachtung ist § 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 2 BAT. Danach sind Arbeitsvorgänge zusammen zu betrachten, wenn eine tarifliche Anforderung erst durch die Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge erfüllt werden kann.

Die gesonderte Erwähnung dieser Möglichkeit ist notwendig, da sich aus der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 BAT ergibt, dass grundsätzlich jeder einzelne Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten ist.

Gemäß der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.08.1983 - 4 AZR 32/81 können Tätigkeitsmerkmale auch durch die zusammenfassende Betrachtung aller Arbeitsvorgänge eines Angestellten gemäß § 22 Abs. 2 Unterabschnitt 2 Satz 2 BAT erfüllt werden.

Die zusammenfassende Betrachtung der Arbeitsvorgänge darf nicht verwechselt werden mit der Begründung der Stellenbewertung an Hand mehrerer Arbeitsvorgänge:

-         Bei der zusammenfassenden Betrachtung von Arbeitsvorgängen kann eine tarifliche Anforderung erst durch Tätigkeiten mehrerer Arbeitsvorgänge erfüllt werden.

-         Bei der Heranziehung mehrer Arbeitsvorgänge zur Stellenbewertung erreicht ein Arbeitsvorgang nicht mindestens die Hälfte der Arbeitszeit des Stelleninhabers.

Die zusammenfassende Betrachtung kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts insbesondere zur Begründung der folgenden tariflichen Anforderungen angewendet werden:

-         gründliche und vielseitige Fachkenntnisse
-         gründliche, umfassende Fachkenntnisse
-         Besonders verantwortungsvolle Tätigkeit
-         Maß der Verantwortung

Die Durchführung der zusammenfassenden Betrachtung soll durch folgendes Beispiel verdeutlicht werden:

Beispiel:

Die Tätigkeit eines Arbeitnehmers besteht aus drei Arbeitsvorgängen. Diese erfüllen jeweils folgende Anforderungen:

Arbeitsvorgänge gründliche Fachkenntnisse selbstständige Leistungen

Arbeitsvorgang 1 x x
Arbeitsvorgang 2 x
Arbeitsvorgang 3 x x

In diesem Fall kann durch zusammenfassende Betrachtung der Anforderungen der Arbeitsvorgänge 1 - 3 das tarifliche Merkmal der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse erfüllt sein, ohne dass die tariflichen Anforderungen in einem Arbeitsvorgang selbst vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Stelleninhaber in den Arbeitsvorgängen unterschiedliche Fachkenntnisse vorweisen muss. Damit wären gegebenenfalls die tariflichen Anforderungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a (BAT B/L) bzw. Fallgruppe 1b (BAT VKA) erfüllt.

U.a. auch die Tätigkeitsmerkmale

-         Gründliche, umfassende Fachkenntnisse,
-         Maß der Verantwortung,
-         Gründliche Fachkenntnisse,
-         Forschungsaufgaben mit außergewöhnlichen Charakter zur Begründung der Anforderungen der Vergütungsgruppe I Fallgruppe 2

können durch eine zusammenfassende Betrachtung begründet werden.

Die Frage, ob nach der zusammenfassenden Betrachtung eine gesonderte Prüfung der selbstständigen Leistungen möglich ist, ist zwischen der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und Vertretern in der Literatur umstritten. Zur Verdeutlichung ein Beispielsfall: Je nach Standpunkt würde es z.B. in folgenden Fall zu einer unterschiedlichen Bewertung des Stelleninhabers kommen.

Arbeitsvorgänge gründliche Fachkenntnisse gründliche und vielseitige Fachkenntnisse selbstständige Leistungen

·        Arbeitsvorgang 1 mit einem Zeitanteil von 50 % x - -
·        Arbeitsvorgang 2 mit einem Zeitanteil von 20 % x - -
·        Arbeitsvorgang 3 mit einem Zeitanteil von 30 % x - +

Durch eine zusammenfassende Betrachtung wären hier die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse zu bejahen. Es fragt sich jetzt, ob man nach der zusammenfassenden Betrachtung wieder in die Einzelbewertung steigen kann und das Vorliegen von selbstständigen Leistungen überprüfen kann.

Dabei können diese jedoch nicht durch eine zusammenfassende Betrachtung ermittelt werden, sondern das Vorliegen der tariflichen Anforderungen ist je Arbeitsvorgang zu prüfen. Die beiden vertretenen Ansichten kämen also zu folgenden Ergebnissen:

-         Nach der Tarifgemeinschaft der Länder würde der Stelleninhaber die Anforderungen der selbstständigen Leistungen erfüllen und wäre in die Vergütungsgruppe einzugruppieren.

-         Nach der von Krasemann vertretenen Absicht würde der Stelleninhaber die Anforderungen der selbstständigen Leistungen erfüllen und wäre in die Vergütungsgruppe einzugruppieren.

Nach der Ansicht der Tarifgemeinschaft der Länder ist die zusammenfassende Betrachtung die Ausnahme, nach der Ansicht in der Literatur, insbesondere von Krasemann, soll die Gesamtbetrachtung die Regel sein.

Die Rechtsprechung hat sich bisher noch nicht zu der Thematik geäußert.

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Ralf.Beratung und Moderation